Der Mensch lebt nicht vom Brot allein

„Der Mensch lebt nicht vom Brot allein“ - unter diesem Titel berichtete der Heubacher Stadtarchivar Dr. Michael Hensle in einem gut besuchten Vortrag im Schloss über die Entstehung der katholischen Pfarrei in Heubach, deren Erhebung zur Stadtpfarrei sich in diesem Jahr zum einhundertsten Male jährt.

 

Die Grundlagen hierzu wurden bereits 25 Jahre davor geschaffen. Waren in - seit der Reformation ausschließlich protestantischen - Heubach im Jahre 1859 nur 4 katholische Einwohner verzeichnet, stieg diese Zahl vor allem durch die einsetzende Industrialisierung bis ins Jahr 1893 auf 206 Katholiken an. Hensle hob in seinem Vortrag das große Engagement der zu Beginn noch recht kleinen Zahl von Katholiken hervor. Vor allem der Apotheker Plicksburg, dessen Frau täglich die Messe in Böbingen besuchte, zeigte hohen Einsatz für die aufstrebende Gemeinschaft.

 

Da der Weg zur Kirche ins benachbarte Unterböbingen für die Gläubigen mit der Zeit zu beschwerlich wurde, führte die Pfarrei 1893 in Heubach einen periodischen Gottesdienst ein. Zu diesem Zweck kaufte die junge Gemeinschaft 1895 für 5500 Mark ein an Stelle der heutigen Kirche befindliches, leerstehendes Fabrikgebäude und baute es zu einem Gebetssaal mit integrierter Schule um.

 

Als Vorstufe zur eigenen Kirchengemeinde kann die Einführung eines eigenen Expositurvikariats im Jahre 1905 gelten. Heubach hatte nun mit dem aus Wurmlingen kommenden Vikar Mahringer zumindest einen eigenen Geistlichen. Es kann davon ausgegangen werden, dass der aus Gmünd stammende Rottenburger Bischof Keppler Mahringer persönlich gekannt hat. Keppler hatte wohl auch großes Interesse, die katholische Diaspora Heubach in geistlicher Hinsicht voranzubringen.

 

Im Jahre 1906 wurde ein Kirchenbauverein gegründet, bei dem im Jahre 1910 bereits die damals beträchtliche Summe von 22.000 Mark an Spenden eingegangen war. Einen Besuch Heubachs im Jahre 1911 nahm Keppler zum Anlass, weitere 20.000 Mark aus seiner Privatschatulle die neue Kirche beizusteuern. Der Bau wurde schließlich im Jahre 1912 begonnen und noch im gleichen Jahr fertiggestellt. Als Baumeister fungierte der in der Diözese bestens bekannte „katholische Stararchitekt“ Cades.

 

Dass die Lage für die Katholiken in der Stadt trotzdem schwierig blieb, zeigt ein Brief Mahringers aus dem Jahre 1913, in dem er die Erhebung zur Stadtgemeinde forderte, um endlich „auf Augenhöhe“ mit den evangelischen Geistlichen agieren zu können. Zunächst wurde Heubach aber zusammen mit den Filalen Buch und Beuren nur als „Pfarrverweserei“ am 1.7.1914 aus dem Pfarrverband Unterböbingen herausgelöst. Es dauerte nun, vermutlich wegen des ersten Weltkriegs, noch bis zum 8.9.1918, bis Heubach endgültig zur Stadtpfarrei erhoben wurde. Mahringer war zu dieser Zeit bereits nach Backnang abberufen worden und starb dort schon im Jahre 1920. Erster Heubacher Pfarrer wurde schließlich Emil Müller, der dieses Amt bis zu seinem Tod im Jahre 1943 ausübte.