Brief der Vorsitzenden Gabriele Leib an die Heubacher Stadträte

Sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte,

am 21. 09. 2021 ist Gemeinderatssitzung und Sie werden wieder in der Situation sein, über das Schicksal des Schlosses zu entscheiden. Aus diesem Grund ist es mir ein Anliegen, Sie noch einmal an die weitreichende kulturgeschichtliche Bedeutung dieses Hauses aus der frühen Renaissance zu erinnern. 

 

Nicht umsonst steht das Heubacher Schloss seit mehr als 100 Jahren unter Denkmalschutz. Es ist zweifelsfrei ein großer Teil unseres ohnehin immer kleiner werdenden historischen Kulturgutes. Neben der Kirche St. Ulrich und dem Blockturm gehört es zu den ältesten Gebäuden der Stadt. Das Schloss prägt das Stadtbild so, wie der Rosenstein die Landschaft prägt.

Man kann zum Heubacher Schloss stehen, wie man will. Die Einen finden es großartig, andere nehmen es in seiner besonderen Bedeutung gar nicht wahr sondern nur als Ort der Stadtbibliothek, und wieder andere finden es schrecklich. Eines aber trifft für uns alle zu. Wir tragen die Verantwortung für dieses seltene Gebäude, das seit 496 Jahren an dieser exponierten Stelle steht, und wir haben Sie als Vertreter gewählt um sinnvolle Entscheidungen zu treffen. 

 

Die Frage ist:   

Was ist sinnvoll?

Viele Stadträtinnen und Stadträte waren Kinder oder Jugendliche als vor 30 Jahren der „Streit um das Schloss“ ausgebrochen war. Einige waren auch bei den Streitern und haben die Sanierung in der gleichen Position erlebt, in der sie heute wieder sind. Man hat damals die Sanierung begonnen, aber keineswegs war sie mit der Einrichtung der Bibliothek 19997 abgeschlossen. 2005 hat man in den sanierten Räumen des ersten Obergeschosses das Miedermuseum eingerichtet und 2006 die heimatmuseale Sammlung „Geschichtssplitter“.

Das Wenige, was im weit wichtigeren zweiten Obergeschoss geschehen ist, war keinesfalls eine Sanierung.

Über all die Jahre haben wir das zweite Obergeschoss unsaniert genutzt, es zur „Event Location“ gemacht. Zuerst war die Nutzung auf den Kugelmarkt beschränkt. So war das historische Klassenzimmer in die große Renaissancestube gekommen und geblieben. Danach weitete sich die Nutzung durch große Gruppen mehr und mehr aus.- Die „grüne Stube“ mit dem Eckfensterband wurde zum Trauzimmer und die Stubenkammer daneben zum Raum für den Sektempfang. Ausstellungseröffnungen mit großen Besucherzahlen waren keine Seltenheit.

Über all die Jahre hat man auf offensichtliche Schäden keine Rücksicht genommen. Die rechtliche Problematik des Brandschutzes hat man schlichtweg ignoriert.

 

Was ist sinnvoll?       

Im Amtsblatt Nr. 10 war zu lesen, dass ein Teil des Gemeinderates der Meinung ist: „Die Bremse bei der Schlosssanierung und die Priorisierung begonnener Projekte werte man als Signal für die Bereitschaft zu sparen“. Bei dieser Aussage war wohl vergessen worden, dass die Schlosssanierung ein vor 30 Jahren begonnenes Projekt ist und damit einen längst überfälligen Platz in der Priorisierungsliste haben muss.

Im Zusammenhang mit „der Bereitschaft zu sparen“ werden Sie hoffentlich daran denken, dass sehr viele der heutigen Schäden am Schloss entstanden sind durch gewählte Sparoptionen bei der ersten Sanierungsphase in den 90er Jahren die sich als nicht sinnvoll erwiesen haben.

 

Was ist sinnvoll?     

 In der Gemeinderatssitzung am 21.Juli 2020 hat Herr Stock, der Architekt, zur Frage eines Aufschubs der Maßnahmen klar ausgeführt, dass jeder Aufschub den Bauzustand verschlechtert und zu Mehrkosten führt. Mittlerweile ist außerdem ganz klar, dass gerade die Baumaterialkosten konstant steigen. Zum Schutz vor herunterfallenden Teilen sind an den Giebeln des Schlosses zurzeit Folien angebracht. Diese Maßnahme verbessert den Zustand der Bausubstanz nicht und kann auf keinen Fall länger angebracht sein als geplant.

 

Was ist sinnvoll?       

Es ist wichtig zu sehen, wieviel Geld in die Schaffung der für die Sanierung notwendigen Voraussetzungen schon ausgegeben worden ist. Ein Aufschub würde möglicherweise dazu führen, dass Bestandsaufnahmen wiederholt werden müssen, um dann wieder die baurechtliche Sicherheit zu gewährleisen. Man hätte also auch in diesem Bereich Mehrkosten..

Aus kulturhistorischer Sicht ist es unumstritten, dass das Heubacher Schloss saniert werden muss. Aus finanzpolitischer Sicht auch! Jeder Aufschub kostet Geld.

 

Sinnvoll ist, es jetzt zu tun.

Natürlich kann die Stadt Heubach die enorme Summe von voraussichtlich mehr als 6.896.000 € nicht alleine stemmen. Das muss sie auch nicht. Während wir auf die Genehmigung weiterer Zuschüsse warten, sollte sich jeder von uns Gedanken machen, welche anderen Quellen es gibt, die Finanzierung zu bewältigen.

Auf dem Weg zum komplett sanierten Schloss waren wir noch nie so weit.

Ich bitte Sie bei Ihrer Entscheidung das Verantwortungsvolle und Sinnvolle zu tun, und das vor 30 Jahren begonnene Projekt Schlosssanierung nicht jetzt einzufrieren und damit das schon Erreichte zu gefährden. 

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Gabriele Leib